Wir zeigen ’s Ihnen

Erika Mechler und Andreas Sauer erklären Ihnen heute: S’ Pferdebeschlagen im Klartext…

An einem kühlen und nassen Herbsttag sind unsere Redakteure Erika Mechler und Andreas Sauer in die raue Rhön aufgebrochen, um einen selten gewordenen Beruf kennenzulernen: den Hufschmied. Reich an Erfahrungen und mit einer neuen Jacke kamen sie wieder nach Hause. Hier ist ihr Bericht.   

Andreas Sauer: normal | Erika Mechler: kursiv

 

Wir kamen ohne jede Vorahnung dorthin. Wir wussten gar nichts. Alfons Groß hat uns herzlich begrüßt. Sein Beruf ist schon sehr außergewöhnlich. Ich wollte schon immer einem Hufschmied über die Schulter schauen.

Das ist ein Beruf, da muss man sich erst einmal reinfinden.

Herr Groß hat zuerst von seiner Ausbildung berichtet. Er hat schon mit 14 Jahren entschieden, dass er Hufschmied werden will. Weil er damals ein Pony geschenkt bekommen hat. Zuerst ist er nach Gießen in die Tierklinik gereist. Das gehört dazu. Für die eigentliche Ausbildung war er in Westfalen. Dort spielen Pferde eine große Rolle. Er hat da mit berühmten Sportpferden zu tun gehabt. Am Ende kam er zurück nach Thalau und hat sich selbstständig gemacht.

Am Anfang haben wir ihn gefragt: „Warum braucht man überhaupt einen Hufschmied? Hat die Natur da was vergessen?“ Da hat Herr Groß uns das genau erklärt. So ein Huf ist aus Horn. Das ist ein Schutz für die Füße. Und dieser Schutz nutzt sich ab. Wenn das Pferd viel läuft, wird der Huf kürzer, aber er wächst natürlich auch wieder nach.

Unsere Fingernägel sind auch aus Horn, und die wachsen ja auch wieder nach.

Wenn so ein Pferd ohne den Menschen lebt, also in der Natur wie ein Reh zum Beispiel, braucht es keine Hufeisen. Dann kann es barfuß laufen, denn der Huf nutzt sich nur so wenig ab, dass immer genug nachwächst. Wenn das Pferd aber arbeitet oder Sport macht, nutzt sich das viel stärker ab. Besonders auf Straßen. Und wenn der Huf irgendwann zu kurz ist, tut das dem Tier weh. Dann läuft es schlecht. Deshalb braucht es zum Schutz Hufeisen. Das ist quasi eine Art Fußpflege, was der Hufschmied macht.

Ich würde sagen, dass Hufeisen so eine Art Schuhe sind. Ein Eisenschuh fürs Pferd! Die haben aber auch Hufeisen an, damit sie nicht wegrutschen. 

Stimmt. Deshalb sind sogar kleine Metallstollen auf den Eisen drauf. Vor allem bei den Spring-
pferden ist das wichtig, wenn sie über die Hürden springen bei Turnieren. 

Das ist wie bei den Fußballern, damit sie nicht wegrutschen.

Ja, aber auch Arbeitspferde brauchen das, wenn sie Kutschen ziehen müssen.

Der Unterschied zum Mensch ist: Ein Schuh passt entweder oder nicht.

Genau! Die Schuhe fürs Pferd müssen einzeln angepasst werden. Der Alfons Groß kennt seine Pferde. Er sieht es und weiß schon, welches Eisen es sein muss. Er hat die einzelnen Hufe genau vor Augen. Er biegt sich das Eisen erst mal im Kopf zurecht. Und dann erst fängt er an, das im Gasofen heiß zu machen.

Wenn es heiß ist, nimmt er den Schmiedehammer und ...   

Halt, Erika, wir müssen vorne  anfangen! Also: Der Herr Groß ist mobil. Er hat im Auto alles dabei. Auch Schutzkleidung, damit er sich nicht verletzt. Da ist eine Standbohrmaschine drin, ein Amboss und ein ausfahrbarer Ofen. Der muss ausfahrbar sein, sonst würde es im Auto zu heiß werden. Dann ein Schleifapparat, ein Schweißgerät, viele Handwerkzeuge und natürlich jede Menge Hufeisen. Was mich gewundert hat: Er hatte keine Nummerierung an dem Hufeisenregal in seinem Auto. Er kennt die halt alle aus dem Effeff. Ich habe nochmal nachgelesen: Es gibt über 50 verschiedene Formen.

Das Eisen schmieden, solange es heiß ist ...

Das Eisen schmieden, solange es heiß ist ...

 

Wenn er beim Pferdebesitzer ankommt, reißt er zuerst mit einer Zange die alten Beschläge runter. Die waren 6-8 Wochen drauf. Mehr geht nicht. Dann muss er den Huf richtig saubermachen. Mit einem Hufmesser kratzt er den Strahl aus. Diese herzförmige Rille am Huf eines Pferdes, die nennt man Strahl. Mit einer Spezialzange schneidet er dann den zu langen Huf ab, bis alles gerade und auch schön rund ist.

So rund wie beim Fingernagel.

Zuletzt raspelt er mit einer großen Raspel den Huf unten glatt. Das muss glatt sein, damit das neue Hufeisen wieder platt da unten drauf passt.

Dann wird der Ofen angeheizt, aber so richtig!

Ich glaube, bis zu 600 Grad wird so ein Schmiedeofen heiß. Da werden die Hufeisen zum Glühen gebracht, damit sie sich verformen lassen.

Wenn die rot glühen, fasst er die mit der Schmiedezange an, damit er sich nicht verbrennt.

Im kalten Zustand könnte der mit dem Hammer drauf herumkloppen bis zum Abend ...
... und es verbiegt sich doch nicht!

Wenn die Form so ist, wie sie sein soll, nimmt der Alfons Groß den Aufbrennzirkel. Das ist ein besonderes Werkzeug, mit dem er das glühende Eisen auf den Huf drauf pressen kann.

Er hat öfter vom „Leben“ da unten im Huf gesprochen. Das ist da, wo es dem Pferd wehtun kann. Da muss man aufpassen, dass man das nicht erwischt bei solchen Arbeiten. Ich denke, das Pferd wird schon etwas spüren, wenn das heiße Eisen draufgepresst wird. Aber weh tut es ihm nicht.

Es stand ja ganz ruhig da.

„Rhönräuber“ Alfons Groß in Aktion: beim Schmieden ...

„Rhönräuber“ Alfons Groß in Aktion: beim Schmieden ...

 

Genau. Er hat es auch immer nur kurz draufgehalten. Im ersten Moment war ich erschrocken. Ich dachte: Was macht der denn da? Will er das Pferd verbrennen? Da kamen Flammen und es hat gestunken! Vor allem der weiße Rauch, der dann aufgestiegen ist! Das war so ein Zwischending zwischen einem Lagerfeuer und einer Papstwahl. (Man kann ja mal einen Spaß mit reinbringen...)

Aber dann habe ich geschnallt, wofür das ist. Er presst es kurz drauf, damit es sich genau anpasst. Das Eisen brennt sich ein bisschen ein. Das darf ja nicht herumwackeln, sondern der Hufschmied muss das standhaft sicher aufs Pferd bringen! Ohne zu wackeln.

Als wir ankamen, hat der Pferdebesitzer gleich einen Eimer mit kaltem Wasser hingestellt. Weil, wenn die Eisen aus dem Ofen kommen, müssen sie abgekühlt werden, damit man weiterarbeiten kann.

Dann ging’s an die Schleifmaschine, damit die scharfen Kanten weggehen. Da sind die Funken geflogen!  

Bevor der Hufschmid das Eisen aufnagelt, bohrt er noch Löcher vor, um die Widiastifte einzuschlagen, also diese Metallstollen. So, und beim Aufnageln, da muss der Hufschmied genau aufpassen: Er darf ja mit dem Nagel nie in das Leben eines Hufes kommen! Es gibt einen ganz bestimmten Bereich, mehr im Äußeren, wo es dem Pferd nicht wehtut. Den muss man treffen. Und der Nagel muss immer seitlich reingeschlagen werden, damit die Spitze außen wieder rauskommt. Wenn man den gerade reinschlagen würde, würde das Pferd an die Decke springen.

Damit nichts passiert, klopft er das, was seitlich rausguckt, um und zwickt die Spitze ab.

Was ich nicht verstanden habe: Er hat die Nägel mit so einem komischen Taktgefühl, mit einem bestimmten Rhythmus reingehauen. Warum macht er das? Wenn wir auf einen Hammer draufhauen, klingt das anders. Das hab ich vergessen zu fragen.

Wir hatten 6 Nägel pro Fuß. Die durfte ich ihm anreichen.

Wir konnten nicht ganz so viel mithelfen diesmal. Da habe ich aber Verständnis gehabt. Das muss man ja alles mit Übung machen, und die haben wir nicht. Es ist schon ein besonderer Beruf! Ich könnte es nicht. Es hängt mehr dran, als man denkt. Da haben wir viel gelernt an diesem Tag.

Als wir morgens in Thalau ankamen und die Tür ging auf, hab’ ich gedacht: Was kommt denn da jetzt für ein Rhönräuber raus! Er kam da raus mit ganz zotteligen Haaren.

Er hat die Haare so wuschelig gehabt.

Jetzt mal ehrlich: Ich hatte ein ganz anderes Bild im Kopf, wie Hufschmiede in etwa aussehen könnten! Aber als uns der Alfons Groß dann in sein Haus geführt hat, habe ich gleich gemerkt: Er wurde gastfreundlich! Er hat sich auf uns eingestellt!

Er hat uns einen Kaffee angeboten – das war schon mal gut! Wir konnten ihm dann auch unsere Fragen stellen. Und beim Arbeiten selbst, da hat er so viele Bewegungen gemacht – er hat uns sein Temperament gezeigt!

Er war sauschnell bei der Arbeit. Das Allerschönste war für uns, dass du uns mit Leib und Seele deine Arbeit gezeigt hast!

Es war sehr gut, dass wir zuschauen durften. Wir schicken dir auch die Zeitung als Danke zu. Weil du dir Mühe gegeben hast. Es war auch sehr schön, dass der andere Herr dabei war, der Pferdebesitzer. Und ich bedanke mich natürlich auch persönlich bei der Frau vom Pferdebesitzer, dass sie mir den Mantel gebracht hatte, weil es mir so kalt war. Zum Schluss hat sie sogar gesagt, ich dürfe ihn behalten. Das war natürlich ein Knaller. Vielen Dank!

Also Herr Groß, ich möchte mich auch viele Male bedanken. Das kriegt man nicht alle Tage zu Gesicht, wie man ein Pferd beschlägt. Das ist schon eine kraftvolle Aufgabe. Die Pferde waren sehr friedlich, und das ist ja ein Zeichen, dass du das sehr gut machst alles. Vielen Dank für den schönen Tag!

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