SchulWechsel - Unterricht der Machbarschaft
Die inklusive Schule ist gewollt - Von der UNO:
Sie hat das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an schulischer Bildung zum Menschenrecht erklärt.
Von der Bundesregierung:
• Sie hat die UN-Konvention ratifiziert. Von der Hessischen Landesregierung:
• Sie hat auf dieser Grundlage ein inklusives Schulrecht geschrieben.
Und in der Wirklichkeit?
• Bislang weitgehend Fehlanzeige.
Sicher, Inklusion in der Schule ist kein einfaches Thema. Umso wichtiger ist es, erste Erfahrungen zu sammeln und ein Gefühl dafür zu gewinnen, wie das große Ziel erreicht werden kann.
Genau dies war das Anliegen der Antonius-von-Padua-Schule, der Schule des Antoniusheims mit dem Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“. Einen Partner aus dem Kreis der heimischen Grundschulen zu finden, klingt einfach, erwies sich aber alsbald als erste schwierige Hürde. Die Anfragen aus der Padua-Schule erhielten durchgängig abschlägige Antworten. Im ganzen Landkreis Fulda? Nein, ganz im Süden des Landkreises fand sich eine Grundschule, genauer gesagt ein einzelner Grundschullehrer, der die Idee begeistert aufgegriffen hat. Felix Döppner und seine Grundschulklasse von der Fliedetalschule waren bereit, sich auf ein Experiment einzulassen: Wie können Schülerinnen und Schüler mit und ohne Handicaps gemeinsam im Fach Deutsch unterrichtet werden? Eine echte Herausforderung! Gemeinsame Aktivitäten im musischen oder sportlichen Bereich sind möglich– das wissen alle, die damit bereits Erfahrungen gemacht haben. Doch wird es auch möglich sein, in den Kernbereichen des Grundschulunterrichts, in den Kulturtechniken nämlich, inklusiven Unterricht so zu gestalten, dass alle Kinder zu ihrem Recht kommen; im besten Fall sogar ein Mehrwert erreicht wird: dass die Kinder mit zum Teil erheblichen Lernbeeinträchtigungen durch die gleichberechtigte Teilhabe am gemeinsamen Unterricht zu höheren Leistungen befähigt werden und die Grundschüler neben den sozialen Lernzugewinnen durch die Individualisierung und Differenzierung des Unterrichts ihre Lernpotentiale noch besser als in der traditionellen homogenen Lerngruppe ausschöpfen können.
Drei Tage lang arbeiteten je neun Schülerinnen und Schüler aus jeder der beiden Schulen gemeinsam im Deutschunterricht und erstellten Steckbriefe von sich selbst. Mal jeder für sich, mal in Kleingruppen, mal in Partnerarbeit wurde nachgedacht, nach Formulierungen gesucht, geschrieben und gestaltet. Die Ergebnisse konnten sich sehen lassen und wurden zum Abschluss von den Kindern stolz vorgestellt.
So weit, so gut. Doch welche Ergebnisse lassen sich im Blick auf die Eingangsfrage festhalten?
Erstens: inklusiver Unterricht – auch in den Kernfächern – ist möglich.
Zweitens: auftretende Schwierigkeiten lassen sich methodisch und didaktisch im Unterricht lösen; durch gutes Lehrer handwerk eben.
Drittens: die Lerngruppen dürfen natürlich nicht zu groß sein. Achtzehn Schüler in einer Zusammensetzung wie in unserem Experiment können gemeinsam gefördert werden. In größeren Gruppen wird es schwierig werden.
Viertens: Ganz entscheidend und wichtig vor allem anderen ist die Haltung der Lehrerinnen und Lehrer den Kindern gegenüber.
In der inklusiven Schule von morgen braucht es Lehrerinnen und Lehrer, die an die Potentiale „ihrer“ Kinder glauben und ihnen Raum geben, sie zur Entfaltung zu bringen. Die bereit sind, Kindern unterschiedliche Lernwege zu ermöglichen und ihnen die individuell benötigte Zeit einzuräumen. Lernen im Gleichschritt kann es nicht mehr geben.
Die Gelingens-Bedingungen sind überschaubar und realistisch. Die inklusive Schule ist eine Vision – keine Illusion. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind geschaffen. Jetzt sind die Schulen aufgefordert, die vor ihnen liegende Aufgabe mutig und mit Elan anzugehen.
„ Die Idee der Inklusion ist viel zu wertvoll, als dass man nicht wenigstens versuchen sollte, sie in die Tat umzusetzen, denn wir können nicht über etwas urteilen, was wir nicht ausprobiert haben. Alles, was es braucht, ist ein bisschen Mut, diesen Weg zu gehen. Vielleicht werden wir dabei am Anfang stolpern, doch irgendwann werden unsere Schritte sicherer – besonders, wenn wir gemeinsam gehen! “
LARISSA HENKEL, LEHRERIN IM VORBEREITUNGSDIENST
„ Man hat die Erfahrung gemacht, wie andere auch lernen und, dass sie auch viel können, nur etwas langsamer. Manche waren eigentlich ganz schön gut, eigentlich die meisten. Es hat viel Spaß gemacht. Man konnte sehen, dass die Kinder super nett waren, obwohl sie anders sind. Eigentlich sind sie auch ganz normal. “
LIOBA, VINCENT UND FELIX
„ Die Frage, ob unsere Gesellschaft aufhören möchte, Menschen in Schubladen zu stecken, damit man sie möglichst einfach über einen Kamm scheren kann, sollte man unseren Kindern überlassen. Für die sind menschliche Unterschiede selbstverständlich und bereichernd. Kaum auszudenken, wenn wir uns darauf einlassen würden.“
FELIX DÖPPNER, GRUNDSCHULLEHRER
„ Die Schüler waren klasse. Und der Lehrer war auch klasse. Ich bin froh, dass ich eine neue Freundin gefunden habe. "
CORA
„ Die anderen Schüler waren sehr nett gewesen.“
LOUIS
„ Wir haben Partnerarbeit gemacht und haben uns kennengelernt. Ich fand es gut, weil wir zusammengearbeitet haben.“
SÜLEYMAN