Ich kann den Pfarrer doch nicht allein stehen lassen
Nächstes Jahr wird Gerhard Meister 70 Jahre alt. Obwohl er Rentner ist, geht er jeden Vormittag in die Keramikwerkstatt. Nichtstun liegt ihm nicht. Daher wollten wir ihn über seine Arbeit an den Tongefäßen befragen.
Doch Herr Meister wollte lieber über seine eigentliche Lebensaufgabe sprechen: über seinen Einsatz als Messdiener. Über 50 Jahre tut er dies. Wie lange genau, lässt sich nicht mehr feststellen. Pflichtbewusst, wie es seine Art ist, geht er tagtäglich zur Kapelle des Antoniusheims, wo für den hauseigenen Schwesternkonvent und für interessierte Hausbewohner ein Gottesdienst abgehalten wird.
Gott ist meiner Meinung nach überall, auch hier. Das ist meine Meinung. (E.M.)
Ich komme morgens immer spät zur Arbeit. Weil ich dienen muss. Jeden Morgen, um acht. Mittwochs und donnerstags um sieben. Ich diene die ganze Woche durch. Beim Pater Adalbert. Oder beim Brenzel, der hält auch manchmal Kirche, der kommt aus Marbach. Auch sonntags. Wenn´s drauf ankommt. Kennst du Marbach? Da wohnt der Brenzel.
Mittwoch haben wir wieder Frühschicht, weil jetzt Fastenzeit ist. Lilly, wann ist Frühschicht? Am Mittwoch, um wie viel Uhr? Ah, um halb neun! Bei mir in der Kapelle da oben. Und danach habe ich noch Messdienerstunde. Auch noch. Der Brenzel übt immer mit uns. Schwerfallen tut mir nichts. Ich bin jetzt ein Profi.
Wir sind schon viele Messdiener. Sonntags sind wir zu viert, werktags bin ich alleine. Die Elke kann nicht dienen, die kann nicht lange knien. Ich lege mir immer ein Kissen unter. Dann geht´s. Wir haben so ein Kissen vorne liegen, in der ersten Bank, wo der heilige Antonius ist, weil die Stufen so hart sind. Da kann man nicht lange knien.
Wir haben eine Hauskirche bei uns. Die steht schon lange. So lange, wie das Antoniusheim steht, so lange steht die. Ich bin hier auch zur Kommunion gegangen, das war 1957. Da kann ich mich noch dran erinnern. Ich bin 1944 geboren. Rechne´s mal aus! Beim Pater Camillus bin ich zur Kommunion gegangen, den hast du nicht gekannt. Der liegt auch schon auf´m Friedhof, am Frauenberg.
Gefirmt worden bin ich auch hier in der Kirche. Beim Bischof. Wie der hieß, hab ich wieder vergessen. Das vergisst man alles.
Wir haben jetzt die indischen Schwestern. Die Schwester Dennis und die Schwester Peena machen jetzt die Kirche. Eine Orgel haben wir auch. Die spielt aber nur sonntags. Jetzt ist erst mal Pause.
Die Schwester Virgo und die Schwester Urbana sind jetzt alle da unten, im Theresienheim. Kennst du das?
Ich habe so einen Messdienerplan, der hängt bei mir im Zimmer oben. Um acht ist Messe. Aber wenn´s läutet, geh ich schon früher rein. Wir haben da so eine kleine Glocke.
In der Kirche darfst du nicht reden. Weil´s Allerheiligste da vorne steht. In der Sakristei schon eher.
Der liebe Gott ist im Himmel.
Wasser und Wein muss ich vorbringen. Dann die Bücher. Wenn die Messe aus ist, wird die Kirche abgeräumt. Bei der Wandlung wird immer geklingelt.
Schiefgegangen ist bis jetzt noch nichts. Einmal ist´s schiefgegangen. Da hab ich morgens das Läuten nicht gehört, da hab ich verschlafen. Das kann ja auch mal passieren, dass man sich verschläft. Ich bin aber schnell aufgestanden und bin noch in die Kirche.
Wir haben einen eigenen Friedhof. Ja, wenn einer stirbt, mach ich mir Gedanken. Auf unserer Gruppe ist jetzt einer gestorben. Der ist jetzt auch im Himmel.
Im Obstgarten haben wir eine Grotte. Wenn´s Mai ist, gehen wir immer zur Grotte.
Im großen Saal war auch schon mal Kirche. Manchmal reicht die Kapelle nicht aus. Am 19. März haben wir Gruppenfest: Josef. Auch in der Kapelle oben. Da muss ich auch wieder dienen. Ich kann den Pfarrer doch nicht allein stehen lassen.