Die ersten acht Beispiele für ein gelungenes Miteinander sind schon da!

Die ersten acht Beispiele für ein gelungens Miteinander sind schon da! Wir sind ja nicht so ;-)

1. In Marbach angekommen

Michael Wirth (36) ist nicht nur Marbacher, er ist getaufter Marbacher – getauft von den Ploatzknechten im Jahr 2013. Da musste er knifflige Fragen zum Dorf beantworten und bekam einen Kübel Eiswasser über den Kopf geschüttet. Damit war es amtlich. Mit 18 Jahren stieß Wirth, von Bad Arolsen kommend, zur „Gruppe Martin“, einer dezentralen Wohngemeinschaft des Antoniusheims. Zehn Jahre verbrachte er in dieser Gemeinschaft, dann wagte er es: Kontaktfreudig, wie er ist, überzeugte er einen Nachbarn, ihm eine Wohnung zu vermieten. Von da an war er, von vier bis fünf Stunden Betreuung pro Woche abgesehen, das erste Mal auf sich gestellt. „Aufregend war das. Das ist jetzt noch aufregend. In der WG hast du zwölf Leute plus Betreuer. Hier machst du die Tür zu, da ist keiner da.“ Wirth sehnt sich nach Geselligkeit, und so zieht es ihn ins Dorf, zu Freunden, zahlreichen Vereinen und Veranstaltungen. Er kennt unglaublich viele Leute. Manchmal erledigt er kleine Hausmeistertätigkeiten in der Nachbarschaft, um ein paar Euro hinzuzuverdienen. Fast täglich geht er nach der Arbeit zur Autowerkstatt Brenzel – zum Helfen und zur „Lagebesprechung“. „Passt scho“, sagt sein Freund Christoph Brenzel. „Den ham´ mir hier mit integriert.“ Die Offenheit von Leuten wie den Brenzels ist entscheidend dafür, dass Wirths Schritt in die Selbstständigkeit zur Erfolgsgeschichte wurde. „Normal kann jeder“, lautet das Motto auf der Internetseite der Werkstatt. Passt.

So war die Taufe durch die Kirmesburschen mehr als nur ein Gag. Michael Wirth ist in Marbach angekommen. Und der nächste Schritt ist anvisiert: Er will mit seiner Freundin, die noch in der Wohngemeinschaft Martin lebt, zusammenziehen. Dafür brauchen sie im Dorf eine größere Wohnung. Wir sind gespannt.

2. Echt scharf!

Wenn der Fuldaer in seinen Schwartemagen beißt, muss es ganz leicht auf der Zunge bitzeln. Es kommt auf den exakten Mahlgrad beim Pfeffer an. Wenn der zu pulvrig ist, schmeckt´s fad. 

Deshalb rotiert bei der Firma Rudolf Fehrmann jeden zweiten Tag eine mächtige Pfeffermühle, um den Bedarf der heimischen Metzger zu decken. Seit zwei Jahren mahlt, wiegt, verpackt und etikettiert Markus Zein aus Großenlüder das begehrte Produkt, ohne dass ihm jemand über die Schulter schaut.Der 25-Jährige genießt das uneingeschränkte Vertrauen der Familie Fehrmann.

Als er vor fünf Jahren dort ankam, war nicht absehbar, was sein Beitrag sein könnte. Klar, Hof kehren und Kartons entsorgen geht immer für jemanden mit schwieriger Ausgangslage. Doch genau das wollten die Fehrmanns nicht, als sie beschlossen, einem jungen Menschen, der von Perspektiva kommt, eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt zu geben. Sie beobachteten ihn, probierten vieles aus, ließen ihn den Stapler-Schein machen. Besonders der Senior-Chef führte ihn an immer neue Aufgaben heran: „Das kann der doch lernen!“ Auch die Mitarbeiter zogen mit. Als die Stelle im Gewürzraum frei wurde, war das die perfekte Lücke. Riesige Tonnen mit verschiedenen Gewürzen verströmen hier ihren Duft – ein Stück Orient im Industriegebiet West.

In diesem Raum organisiert er sich selbständig, kennt und beachtet alle Hygieneverordnungen. Konsequenz: fester Arbeitsvertrag mit Mindestlohn. Im Zuge dessen erhielt er auch Poloshirt und Fleecejacke, die typische Fehrmann-Bekleidung. Das war wie ein Zieleinlauf im großen Stadion. „Er passt zu uns, wir zu ihm“, resümiert Patricia Fehrmann, die schon zum zweiten Mal einem jungen Menschen die entscheidende Brücke gebaut hat.
Als vor sechs Wochen überraschend das Eichamt vor der Tür stand und stichprobenartig Gewürzpackungen nachwog, blieb Zein cool. Er wusste, dass eher zehn Gramm zu viel drin sind als eines zu wenig. Und alle anderen in der Firma wussten es auch.

3. Kampf gegen Lupinen

Viele Hände, schnelles Ende: Damit die Ranger des Biosphärenreservates Rhön beim „Kampf“ gegen die unerwünschte Staudenlupine nicht auf verlorenem Boden stehen, schwingen einige Bewohner der Tanner Diakonie gemeinsam mit weiteren engagierten Bürgern der Region die Sense.

4. Das Räuchermännchen

Christoph Jost hat einen stabilen Arbeitsplatz in der Fischzucht bekommen. Am Forellenhof Altenfeld räuchert er die Forellen, schweißt sie ein und erledigt Reinigungsarbeiten. „Für mich ist Inklusion, normal arbeiten zu können“, sagt er.

5. Nicht das zwölfte Rad am Wagen

19.59 Uhr, Kampagnenstart: Elf Männer entern die Bühne und gehen mit ihren strahlblauen Blazern und mächtigen Komiteemützen in Position. Ein prunkvoller Anblick. Die Stimmung im Dorfgemeinschaftshaus von Magdlos nimmt Fahrt auf, auch weil der Elferrat für einen reibungslosen Ablauf sorgt und die Sache anheizt. Da oben sitzt man schon gerne. Nicht ohne Grund versucht manch ehrgeiziger Karnevalist, sich einen Platz im Narrenparlament zu erkaufen. Doch im Fliedener Königreich ist man unbestechlich.

Seit fast acht Jahren gehört Andreas Sauer (28) dem Gremium an. Bei Aufmärschen, Sitzungen und Umzügen ist er mittendrin und mischt mit. Da machen sie keinen Unterschied, die Magloser Karnevalisten –  Downsyndrom hin oder her. „Der ist voll akzeptiert“, sagt der Vereinsvorsitzende Hartmut Firle  mit Nachdruck. Gerede hört sich anders an. Warum auch. Sauer ist eine feste Stütze beim Bühnenaufbau und irgendwie auch ein Feierbiest. Gibt´s auch mal Probleme? "Um Gottes Willen!" Gut, einmal, da haben sie nicht aufgepasst, die zehn anderen Räte. Da war es etwas viel geworden mit dem Alkohol. Aber so etwas passiert, und gelernt haben alle daraus. Trotz handfester Feierlaune geben sie nun acht auf ihren Kollegen – ein Radler tut´s ja auch mal. Apropos: Dass es in der Fastnacht immer elf Räte sind, hat einen symbolischen Grund. Man wollte auf die brüderliche Gleichheit aller Menschen hinweisen: In der ELF sah man die Losung der Französischen Revolution ausgedrückt: „Égalité, Liberté, Fraternité“. Das haben sie in Magdlos verstanden.

6. Gemeinsam urlauben

Zwanglos und unverkrampft: Wenn die Flammen des Lagerfeuers in den Nachthimmel schlagen, verschwindet auch der letzte Unterschied; Behinderung ist kein Thema mehr. Jedes Jahr veranstaltet die Katholische Junge Gemeinde Fulda beliebte Ferienfreizeiten, die offen für alle sind. Daumen hoch!

7. Kicker-Sharing

Manchmal sind´s die kleinen Dinge: Jörg Sadowski und Thomas Schleicher kaufen sich die Zeitschrift „Kicker“ gemeinsam: Mal legt der eine die 4,60 Euro für beide Ausgaben der Woche auf den Tisch, mal der andere. Rechnet sich. Sadowski nimmt sie Ende der Woche mit nach Hause, weil er zum Durchlesen etwas länger braucht. Die aktuellen Fußball-Infos benötigen beide – sie sind in derselben Tippgemeinschaft.

8. Der gute Geist im Fuldaer Dom

Der Fuldaer Dom ist groß und ein Pontifikalamt aufwendig. Da ist es gut, dass der Domküster Richard Bok noch einen begeisterten Helfer hat: Thomas Herrmann ist seit über 20 Jahren Mitglied im Team der Domsakristei. Kerzen anzünden, ministrieren, den Altar vorbereiten - das Spektrum ist vielfältig. „Die Arbeit macht ihm Freude weil er sich für Kirche und Liturgie interessiert, und vor allem weil ihm hier etwas zugetraut wird“, sagt Richard Bok.

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